Liebe Glaubensgeschwister, liebe Sinn-des-Lebens Suchende,
Heute durfte ich, wie schon so oft, das verwuschelte Haar unserer jüngsten Tochter entwirren. Eigentlich sollte ich längst Profi sein. Doch trotz Kokosmaske beim Haarewaschen und Pflegespray auf Ölbasis gab es Tränen. Während ich so vorsichtig wie möglich versuchte Strähne um Strähne zu lösen und auszubürsten, hatte ich die Möglichkeit nachzudenken. Da sitzt vor mir ein Kind welches inzwischen wirklich vertraut ist mit den Schmerzen ungekämmter Haare. Trotzdem bevorzugt es, die Haare über Tage nicht zu kämmen. Sie hat dicke, wunderschöne, kräftige, lange Haare. Wie eine Prinzessin aus dem Bilderbuch. Selbst der Coiffeur war gefordert. Er hatte seine liebe Mühe diese Haarpracht zu kämmen, obwohl ich gerade zuvor gekämmt hatte. Nicht Argument genug, unsere Tochter entscheidet sich weiterhin für kämmfreie Tage. Mit 8 Jahren ihre Entscheidung, ihre Verantwortung. Täglich biete ich ihr an ihr zu helfen. Sie lehnt ab.
Nun sitzt sie also da, weint. Ich weine innerlich mit. Soll ich doch einfach durchgreifen? Soll ich sie einfach zwingen jeweils die Haare zu kämmen? Wann wird sie denn selbstständig? Wie lernt sie Eigenverantwortung zu übernehmen? Ich konnte nicht anders als an unseren guten Vater im Himmel zu denken. Er möchte ja auch unseren selbstständig gefällten Entscheid ihm zu gehorchen, ihn zu lieben. Ich habe mir vorgestellt wie der Vater täglich darum bittet Beziehung mit mir leben zu dürfen. Ich lehne ab. Es sind nicht die Haare, die nicht kämmbar sind. Es ist das Herz, dass zu vertrocknen beginnt. Es wird härter und härter. Ich hätte Zeit für seine Gegenwart. Aber entweder bin ich zu faul, zu schüchter oder es fallen mir sonstige Gründe ein warum kein Treffen mit ihm stattfinden kann. Irgendwann steht man vor einem Entscheid. Haare weg oder Mutter kämmt das Chaos aus. Im geistlichen Sinne; Aufgeben oder aber zum himmlischen Vater gehen und ihm das Chaos übergeben. Auch wenn es schmerzt. Das „Danach“ lohnt sich.
Innerlich war ich ein wenig wütend. Ich hätte Yaira am liebsten beschimpft. Es tut mir im Herzen weh, ihr Schmerzen zufügen zu müssen. Ich habe sie so oft gefragt!! Doch ich entschied mich, dass der Schmerz Strafe genug wäre. Da ist Gott eben so anders als ich Mensch. Er ist langsam zum Zorn und gross an Gnade.(2.Mose 34,6) In Jesaja 65, 2 heisst es;“Ich streckte meine Hände aus den ganzen Tag nach einem ungehorsamen Volk, das nach seinen eigenen Gedanken wandelt auf einem Wege, der nicht gut ist…“ Hörst du den lauten schmerzvollen weil von Liebe durchdrungenen Seufzer unseres Gottes? Wenn ich diese Verse lese, dann ist es als höre ich das Weinen eines Vaters, der aus Liebe sich nicht aufdrängt. Jeden Tag könnte er unsere Herzen „auf Fordermann“ bringen. Und er weint mit uns, wenn der Tag der Konsequenz uns schmerzt, weil wir seine tägliche Betreuung abgelehnt haben. Dieser Gedanke war ausschlaggebend, meiner Tochter ohne Vorwürfe zu begegnen und wirklich behutsam meine Arbeit anzugehen. Wie geschrieben, ganz ohne Tränen ging es nicht. Aber mit viel Geduld und Öl haben wir es geschafft. Ein glückliches Mädchen, dass ihre Haare wieder selber frisieren kann, eine sich fragende Mutter, wann der Schmerz genug gross sein würde, dass dieses wunderschöne und viel geliebte Kind sich endlich dazu entscheiden würde, täglich die Haare zu kämmen. Bis dahin stets zu diensten.
Bis herzlich gesegnet!
Marianne